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Tschernobyl/Kiew (dpa) - Die Ukraine verstärkt den Kampf gegen die
Flammen in den radioaktiv belasteten Wäldern in der Sperrzone um das
havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl. Der Katastrophenschutz erhöhte
am Donnerstag eigenen Angaben zufolge die Einsatzkräfte noch einmal
um rund 50 auf nunmehr über 320 Mann. Die Löscharbeiten dauerten
mittlerweile schon sechs Tage. Die Feuerwehr werde von drei
Flugzeugen und drei Helikoptern unterstützt.

Umweltexperten befürchten, dass durch die Feuer radioaktive Teilchen
aufgewirbelt und verteilt werden könnten. Nordwestwind trägt den
Rauch aktuell in Richtung der Hauptstadt Kiew. Die Behörden
versichern jedoch weiterhin, dass es keine erhöhte Strahlung in den
benachbarten bewohnten Gebieten gebe. Im Bereich der Löscharbeiten
gebe es an einzelnen Abschnitten erhöhte Werte.

«Bei Bränden kann eine erhebliche Menge Radioaktivität freigesetzt
werden», sagte der Atomexperte der Umweltorganisation Greenpeace,
Heinz Smital, der Deutschen Presse-Agentur.

Er geht von einem größeren Ausmaß aus, als von den Behörden
angegeben. Nach Auswertung von Satellitendaten sei bereits eine
Fläche von insgesamt rund 18 000 Hektar verbrannt. Die Behörden gaben
am Donnerstag aber nur die Zahl aller Brände im Land an - demnach
gibt es 17 000 Feuer auf einer Fläche von insgesamt 20 000 Hektar.
Zuletzt hatten die Behörden von 35 Hektar um Tschernobyl gesprochen.

Polizei-Angaben nach wurden mehrere Bewohner, die mittlerweile in die
verlassene Kleinstadt Poliske zurückkehrt sind, in Sicherheit
gebracht und die Kontrollpunkte zum Sperrgebiet geschlossen. Ein
27-Jähriger habe inzwischen gestanden, für den Brand von fünf Hektar
Wald in der Sperrzone verantwortlich zu sein. Der vorbestrafte Mann
gab als Grund an, aus Langeweile gezündelt zu haben. In den
vergangenen Jahren kam es mehrfach zu Feuern in den nicht bewohnten
Gebieten. Als Ursache wurde oftmals Brandstiftung vermutet.

Nach der Explosion des Blocks vier im sowjetischen Atomkraftwerk
Tschernobyl 1986 wurden radioaktiv belastete Landstriche um die
Atomruine gesperrt. Zehntausende Menschen wurden zwangsumgesiedelt.
Das Gebiet ist aber für geführte Touristen zugänglich.

Meteorologen führen die vielen Brände aktuell auf die fehlende
Schneedecke im Winter und die Trockenheit zurück. Im Frühjahr
verbrennen Dorfbewohner traditionell Laub und trockenes Gras und
verursachen so unkontrollierte Feuer.

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bdt0373
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Ukraine