Alles ist erleuchtet

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viele Menschen haben aus jahreszeitlichen Gründen und sicher auch wegen der Weltlage ein großes Bedürfnis nach Licht, Wärme und Gemütlichkeit, nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch draußen. Wie anders ist es zu erklären, dass das Gastgewerbe-Magazin Tipps „für einen stimmungsvollen Außenbereich im Winter“ gibt, der Heizpilz trotz regionaler Verbote nicht totzukriegen ist und manche Gastronomen kleine hell erstrahlende Pavillons auf ihre Terrassen stellen, von wegen Romantik und so?

Die Advents- und Weihnachtszeit, trotz gegenläufiger Indizien gern als „besinnliche“ oder „stille“ Zeit bezeichnet, scheint dafür ganz besonders geeignet. Großer Beliebtheit erfreuen sich seit einigen Jahren Lichterparks, jetzt auch im Hamburger Loki-Schmidt-Garten, erfahre ich am 18. November von der dpa.

Der Loki-Schmidt-Garten, der Botanische Garten, ist eine vor allem von Frühjahr bis Herbst viel besuchte grüne Oase im Hamburger Westen, Eintritt frei. Nun wird das Gelände  täglich ab 16.30 Uhr zur funkelnden Eventfläche mit akustischer Untermalung, Eintritt ab 16,50 Euro für Erwachsene. Speisen und Getränke (auch Glühwein, na klar) sind nicht im Preis inbegriffen. Bis Mitte Januar geht die Show, die es nicht nur in Hamburg, sondern auch in Berlin und weiteren deutschen Städten sowie in einigen anderen Ländern gibt. Alles „verantwortungsvoll und energiesparend“, wie der Veranstalter versichert.

Ob man so was toll, kitschig oder ein bisschen gaga findet, ist Ansichtssache. Insekten, Vögel oder Fledermäuse sollte man allerdings lieber nicht nach ihrer Meinung fragen. Die haben schon mit Straßenlaternen, angestrahlten Häuserwänden oder Werbeflächen genug Probleme. Dabei heißt es im Naturschutzgesetz, § 21, (1): „Eingriffe in die Insektenfauna durch künstliche Beleuchtung im Außenbereich sind zu vermeiden.“ Aber auch dem Feldhamster setzt neben Monokulturen und Klimawandel die Lichtverschmutzung zu.

Und nicht nur die. Diesen Mittwoch hat das EU-Parlament eine Senkung des Pestizideinsatzes abgelehnt, und letzte Woche kündigte die EU-Kommission eine Verlängerung der Zulassung für das Pflanzengift Glyphosat um weitere zehn Jahre an. Einem UN-Bericht zufolge eilt die Welt bei der Erderwärmung überdies auf die Drei-Grad-Marke zu. Dem Menschen ist all das ebenso wenig zuträglich. Ein Rückgang der Bestäuberinsekten etwa kommt unsereins nicht nur teuer zu stehen, sondern gefährdet auch die Gesundheit – mit potenziell sogar tödlichen Folgen.

Nur mag sich die Bevölkerung im reicheren Teil der Welt mehrheitlich gerade gar nicht gern mit Ackergiften, Artensterben, Klimakrise und anderem Gedöns beschäftigen. Lieber durch illuminierte Parks oder über Weihnachtsmärkte schlendern, schnell noch den Black Friday beziehungsweise die Black Week, auch da ist eine gewisse zeitliche Ausdehnung zu verzeichnen  ausnutzen und auf die Jagd nach Weihnachtsgeschenken gehen. (Wer das nicht will, kann sich natürlich auch verweigern.)

Nach dem Fest wird es bald Zeit, sich mit allerlei Feuerwerks- und Knallkörpern einzudecken, denn Silvester naht – ein Ereignis, das in der Tierwelt mindestens so beliebt ist wie winterliche Lightshows. Fragen Sie mal Hund, Katze, Pferd, Kuh oder irgendein Wildtier.

Doch halt: Umfragen zufolge mag etwa die Hälfte der Deutschen gar keine Böller und Raketen – und wäre sogar für ein Verbot(!) von privatem Feuerwerk. Polizei, Feuerwehr, Müllabfuhr, medizinischem Personal, Tier- und Umweltschutzorganisationen wäre das auch sehr recht. Die Innenministerin hätte es in der Hand, über eine Änderung der Sprengstoffverordnung ein solches Verbot deutschlandweit umzusetzen. Sonderlich wahrscheinlich ist das aber nicht, denn: Das gehört ja schließlich dazu, Ende der Diskussion.

Im Januar brauchen Mensch, Tier und Umwelt nach dieser so stillen und besinnlichen Zeit dann erst mal dringend Erholung. Ich fasse zusammen: Alles ist erleuchtet – wenn man vom Gehirn des Menschen mal absieht, wo es gelegentlich schon mal zappenduster sein kann.

Ob hell oder dunkel, ich wünsche Ihnen ein gutes und friedliches Wochenende!

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Redakteurin Kerstin Eitner hofft, dass es bald auch in vielen Köpfen hell werden möge
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Kerstin Eitner
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