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Brüssel (dpa) - Die Jagd auf Drosseln und Amseln mit sogenannten Leimruten steht aus Sicht der zuständigen Gutachterin am Europäischen Gerichtshof nicht zwingend im Widerspruch zu EU-Recht. Die in Teilen Südfrankreichs praktizierte Fangmethode, bei der die Vögel an einem mit klebrigem Leim eingeschmierten Ast hängenbleiben, könne unter bestimmten Bedingungen zulässig sein, erklärte Generalanwältin Juliane Kokott am Donnerstag in Luxemburg (Rechtssache C-900/19). Doch müssten die französischen Behörden darlegen, dass dem Erhalt dieser Jagdmethode ein erhebliches kulturelles Gewicht zukomme.

EU-weit ist die Jagd mit Leimruten laut EuGH verboten. Lediglich in fünf südfranzösischen Départements werde die früher weit verbreitete Methode noch immer angewandt. Dieses Jahr seien die Fanggenehmigungen jedoch wegen der unklaren Rechtslage ausgesetzt worden, hieß es in dem EuGH-Gutachten. Der französische Staatsrat habe vor diesem Hintergrund vom Gerichtshof wissen wollen, ob die Leimrutenjagd den Voraussetzungen der EU-Vogelschutzrichtlinie genüge.

Laut Richtlinie kann in Ausnahmefällen vom grundsätzlichen Verbot abgewichen werden, wenn die Fangmethoden selektiv sind, strenge Kontrollen durchgeführt und nur geringe Mengen gefangen werden. Zwei französische Tierschutzvereinigungen hatten insbesondere die Selektivität des Leimrutenfangs auf Drosseln und Amseln angezweifelt. Leimruten führten auch zum Beifang anderer Vögel.

EuGH-Gutachterin Kokott erklärte jedoch, die Fangmethode könne als selektiv im Sinne der Ausnahme anerkannt werden, wenn gesichert sei, dass der ungewollte Fang von Vogelarten und seine Konsequenzen im Vergleich zu der kulturellen Bedeutung der Fangmethode hinnehmbar seien. Das Gutachten ist noch kein Urteil. Dies fällt erst in einigen Wochen. Häufig folgen die EuGH-Richter aber der Ansicht ihrer Gutachter.

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20201119T141508+0100bdt0366
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