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Straßburg/Kiew (dpa) - Sieben Jahre nach den prowestlichen Protesten in der Ukraine hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg den Staat für den Tod eines Demonstranten verantwortlich gemacht. «Das Gericht stellte insbesondere fest, dass die Behörden Misshandlungen absichtlich eingesetzt hatten und dass der Staat für die Ermordung eines Demonstranten verantwortlich war», hieß es in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil des Gerichtshofs.

Die Polizei unter dem damaligen Präsidenten Wiktor Janukowitsch habe mit «exzessiver Gewalt und gesetzwidrigen Festnahmen» versucht, die anfangs friedlichen Proteste niederzuschlagen, hieß es. Staatschef Janukowitsch wurde 2014 gestürzt und flüchtete nach Russland, wo er bis heute im Exil lebt.

Das Gericht entschied in fünf Fällen, in denen damalige Protestler gegen den ukrainischen Staat geklagt hatten. Unter anderem war der Demonstrant Juri Werbizki von Unbekannten aus einem Krankenhaus entführt, gefoltert und verletzt bei Frost im Wald ausgesetzt worden. Am 22. Januar 2014 wurde der 50-Jährige erfroren unweit der Hauptstadt Kiew gefunden. Laut dem Urteil muss der ukrainische Staat in den Fällen Entschädigungszahlungen leisten. Allerdings legte das Gericht selbst keine Summen fest.

Im Winter 2013/2014 hatten in Kiew auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) und in anderen Städten knapp drei Monate teils mehrere Hunderttausend Menschen gegen den Stopp einer EU-Annäherung und gegen die Regierung demonstriert. Im Verlauf der Proteste wurden etwa 100 Menschen getötet, darunter knapp 20 Polizisten. Nach dem Sturz von Janukowitsch annektierte Russland die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim. Der gewaltsame Regierungswechsel und die Annektierung gelten als Auslöser der schwersten Krise zwischen Russland und den westlichen Staaten seit dem Ende des Kalten Krieges.

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20210121T135352+0100bdt0366
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