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Bratislava (dpa) - Wer sich bisher einen Studienabschluss in der Slowakei durch ein Plagiat erschwindelt hat, darf seinen akademischen Titel behalten. Wer ab nächstem Jahr betrügt, muss hingegen mit einer Aberkennung rechnen. Das sieht ein am Donnerstag vom Parlament in Bratislava beschlossenes Gesetz vor. Mitverantwortlich dafür waren jene Politiker, die mit eigenen Plagiatsskandalen den Anlass für die Gesetzesänderung geliefert hatten, allen voran der konservative Regierungschef Igor Matovic, der rechtspopulistische Parlamentspräsident Boris Kollar und der liberale Bildungsminister Branislav Gröhling.

Das Gesetz sieht vor, dass Hochschulen einen akademischen Titel wieder aberkennen können, wenn er durch Betrug erworben wurde. Dies gilt aber nur für Studienabschlüsse, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ab 1. Januar 2021 erworben werden.

Die Journalistin Maria Benedikovicova hatte im vergangenen Sommer in der Tageszeitung «Dennik N» mit detaillierten Textvergleichen nachgewiesen, dass mehrere führende Politiker des Landes große Teile ihrer Diplomarbeiten ohne korrekte Quellenangaben abgeschrieben hatten. Die Enthüllungen und teils arroganten Reaktionen der entlarvten Politiker lösten einen Sturm der Entrüstung aus. Misstrauensanträge im Parlament wurden jedoch allesamt von der Koalitionsmehrheit abgeschmettert.

Die Vertretung der Hochschulstudenten zeigte sich in einer ersten Reaktion auf den Gesetzesbeschluss zufrieden, dass erstmals überhaupt eine Möglichkeit zur Aberkennung von zu Unrecht erworbenen Studientiteln geschaffen wurde. Nun sollten Matovic und die anderen Spitzenpolitiker mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Titel freiwillig zurückgeben. Einen freiwilligen Verzicht erlaubt das Gesetz für frühere Studienabschlüsse nämlich auch.

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