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Moskau (dpa) - Ungeachtet von Protesten Israels will das russische Justizministerium die jüdische Einwanderungsorganisation Sochnut auflösen. Die Klage werde vom 19. August an verhandelt, sagte eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage am Donnerstag. Die beteiligten Seiten hätten sich am Donnerstagmorgen zunächst zu einer Vorbesprechung im Basmanny-Gericht eingefunden. Dabei sei der Termin für die Hauptverhandlung festgelegt worden.

Zuvor war eine Delegation aus Israel mit Vertretern von Ministerien sowie Juristen in Moskau angekommen, um über das Schicksal der international tätigen Einrichtung Gespräche zu führen. Geplant war dem Vernehmen nach auch ein Treffen von Juristen des israelischen Außenministeriums mit Vertretern des russischen Justizministeriums.

Die Nichtregierungsorganisation Jewish Agency for Israel, kurz Sochnut, setzt sich nach eigenen Angaben für die Festigung der jüdischen Identifizierung in der Welt und für enge Verbindungen der Gemeinschaften mit Israel ein. Russland hatte der Organisation vorgeworfen, gegen die Gesetze des Landes zu verstoßen. Details wurden aber nicht genannt. Die russische Justiz hatte zuletzt viele ausländische Nichtregierungsorganisationen schließen lassen,

Medien zufolge wird Sochnut vorgeworfen, unrechtmäßig personenbezogene Daten von russischen Bürgern zu sammeln. Kremlsprecher Dmitri Peskow wies Berichte zurück, wonach durch die Auflösung der Organisation der Weggang kluger Köpfe verhindert werden solle. Seit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine verlassen viele Menschen, die die Möglichkeit haben, das Land.

Weil viele Russen jüdische Wurzeln haben, nutzen sie das Angebot, einen israelischen Pass zu erhalten und auszureisen. Bislang verließen in diesem Jahr nach Angaben des israelischen Integrationsministeriums knapp 17 000 Menschen Russland in Richtung Israel - mehr als doppelt so viele wie im vergangenen Jahr.

In Israel wird vermutet, dass Russland mit dem Verbot der Organisation das Land für dessen Haltung im Ukraine-Krieg abstrafen will. Die israelische Regierung hatte den Angriff Russlands auf das Nachbarland verurteilt und seine Solidarität mit der Ukraine erklärt. Im Gegensatz zu den westlichen Staaten hat Israel jedoch keine Sanktionen gegen Russland verhängt.

Beobachter begründen dies mit den Sicherheitsinteressen Israels. Das Land sieht seine Sicherheit unter anderem durch proiranische Milizen und deren Raketenarsenal im Nachbarland Syrien gefährdet. Im syrischen Bürgerkrieg stehen Russland wie der Iran und die libanesische Hisbollah aufseiten der Regierung von Präsident Baschar al-Assad. Russland hat deshalb auch Einfluss auf die Lage.

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