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wussten Sie eigentlich, dass am Dienstag dieser Woche der Internationale Weltbodentag war wie jedes Jahr am 5. Dezember, und das schon seit 2002? Nein? Ich auch nicht. Neu war mir auch, dass in Deutschland aus diesem Anlass der „Boden des Jahres“ gekürt wird, und zwar sogar im Rahmen einer Festveranstaltung im Bundeslandwirtschaftsministerium. And the winner is: der Waldboden.

Und damit nicht genug: Am Mittwoch fand im Umweltbundesamt eine Tagung der Kommission Bodenschutz statt mit dem vielsagenden Titel „Bodengesundheit – wo stehen wir, reicht der Therapieansatz aus?“ Daraus schließe ich pfeilgerade, dass es mit ebendieser Gesundheit nicht zum Besten steht. Wofür auch der Titel des Impulsvortrags spricht: „Patientenakte Boden – die unterirdische Sprechstunde“. Immerhin, Expertinnen und Experten der Bodenheilkunde haben das Problem erkannt und diskutieren über die besten Behandlungsoptionen.

Es sieht nämlich leider so aus, als würde der Mensch die wertvolle Ressource nicht nur im wörtlichen, sondern auch im übertragenen Sinne mit Füßen treten. Tatsächlich muten wir dem Boden allerhand zu. Wir graben ihn auf, um ihm Rohstoffe zu entreißen, Müll aller Art in seinem Inneren zu deponieren oder Fundamente für Gebäude zu gießen. Wir versiegeln ihn mit ebendiesen Gebäuden, mit Straßen, Plätzen und anderer Infrastruktur. Wir bohren ihn an, um Wasser abzuzapfen. Wir pflügen, verdichten und düngen ihn, duschen ihn mit Gift und Gülle und machen so unzähligen Bodenorganismen den Garaus. Wir nutzen ihn als End- oder Langzeitzwischenlager für radioaktive Substanzen, Landminen und allerhand Chemiezeugs. Wir legen Moore trocken und holzen Auwälder ab. Auch die Klimaerwärmung setzt dem Boden zu.

Das mag er gar nicht. Deshalb reagiert er mitunter bockig, wird hart, rissig und unfruchtbar, weigert sich, bei Starkregen Wasser versickern zu lassen, schickt Staub- und Sandstürme, verbündet sich mit Asphalt und Beton und macht ordentlich Hitzestress. Durch das Abtauen von Gletschern werden Bergregionen instabil, es kommt zu Erdrutschen und Muren. Das Schmelzen von Permafrostböden wiederum kann Bakterien, Pilze, Viren oder Sporen freisetzen, die für Mensch und Tier gefährlich sind, wie sich etwa 2016 in Sibirien bei einem Milzbrandausbruch gezeigt hat. Außerdem werden Kohlendioxid und Methan frei, die ihrerseits das Klima weiter aufheizen.

Dabei brauchen wir die Böden als wichtige Kohlenstoffsenke – als CO2-Speicher werden sie nur noch von den Weltmeeren übertroffen. Und natürlich als Grundlage für die Ernährung. Man stelle sich vor: „In einer Handvoll gesunder Erde gibt es mehr Lebewesen als Menschen auf der Welt.“ Ohne diese Organismen keine fruchtbaren Böden, ohne fruchtbare Böden keine Ernteerträge. Aber gerade die sogenannte konventionelle Landwirtschaft beschleunigt die Degradation. „Eine Landwirtschaft, die den Boden ab- statt aufbaut, steuert auf eine bodenlose Zukunft zu.“

Die Zitate im letzten Absatz stammen aus der grandiosen multimedialen Reportage „Boden Burnout“, deren erster Teil seit Dienstag auf unserer Website steht und die ich Ihnen sehr ans Herz lege. Die Teile zwei und drei erscheinen am 16. und am 23. Dezember und der letzte Teil am 1. Januar 2024. Es geht darin nicht nur um die Art und Weise, wie wir unsere Lebensmittel erzeugen, sondern auch um Alternativen.

Das Wildtier des Jahres 2024 ist übrigens der Igel. Und der lebt wo? Genau: auf dem Boden. Wenn Sie Igel mögen, sollten Sie nett zu seinem Lebensraum sein.

Ich wünsche Ihnen ein Wochenende mit guter Bodenhaftung, trotz Schnee oder Matsch.

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Redakteurin Kerstin Eitner wünscht der angeschlagenen Ressource zügige Genesung
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Kerstin Eitner
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