Abschied vom Atom (?)

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noch hört man nichts, aber schließlich sind es ja auch noch drei Wochen, bis die Ära der Stromerzeugung aus Atomkraft in Deutschland endgültig vorbei sein soll. Also praktisch eine Ewigkeit. Seit der Kehrtwende des Verkehrsministers beim auf EU-Ebene geplanten und eigentlich vereinbarten Aus für Verbrennungsmotoren wissen wir zweierlei: Erstens, man kann auch ein paar Sekunden vor zwölf ein vermeintlich fest verplombtes Fass noch einmal aufmachen. Und zweitens, in der Ampel sind manche so technologieoffen, dass sich diese Haltung auch auf Technologien von gestern und vorgestern erstreckt.

Die Atomkraft galt nämlich in der Bundesrepublik (wie auch in der DDR) ab den Fünfzigerjahren als tolle Zukunftsenergie. Unter Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) wurde das Bundesministerium für Atomfragen, BMAt, gegründet, dessen erster Minister Franz Josef Strauß (CSU) hieß. Besagtes BMAt war übrigens der Vorläufer des späteren Ministeriums für Bildung und Forschung. Proteste gab es zunächst keine, weder in der DDR noch im Westen, wo parteiübergreifend Einigkeit herrschte, dass die „friedliche Nutzung der Kernenergie“ eine feine Sache sei.

In den Siebzigerjahren begann sich im Westen das Blatt allmählich zu wenden. Die Chiffren für ein erst langsam, dann immer schneller wachsendes Protestpotenzial lauteten Wyhl und Gorleben, Kalkar und Wackersdorf, Brokdorf und Grohnde. Und die Reaktorunfälle von Three Mile Island im US-Bundesstaat Pennsylvania (1978) und dem ukrainischen Tschernobyl in der damaligen Sowjetunion (1986) taten ein Übriges. Dann gab es unter der rot-grünen Regierung einen Atomausstieg, unter der schwarz-gelben einen kurzen Wiedereinstieg und nach der bislang letzten Kastastrophe im japanischen Fukushima (2011) den fast endgültigen Ausstieg, an den noch mal dreieinhalb Monate „Streckbetrieb“ angehängt wurden.

Eine ganz so feine Sache schien die friedliche Nutzung der Kernenergie wohl doch nicht zu sein, und überhaupt: Was heißt hier friedlich? Plutonium, der Stoff, aus dem die Bomben sind, entsteht bei der Kernspaltung immer, auch in Leistungsreaktoren. Zwar nicht in bester, reiner Waffenqualität, aber auch daraus lassen sich nukleare Sprengsätze herstellen. Und dass solche Anlagen sich als Terror- oder Kriegsziele eignen oder zumindest für den Aufbau einer Drohkulisse, zeigt sich immer wieder am Beispiel des ukrainischen AKW Saporischschja.  

Es gibt viele Gründe, Laufzeitverlängerungswünschen eine Absage zu erteilen. Sicherheitsbedenken zum Beispiel. In den 56 französischen Kraftwerken etwa, darunter 13 betagte Ü-40-Anlagen, häufen sich die Probleme – gerade erst wurden in drei Blöcken neue Risse in den Rohrleitungen entdeckt. Schweißnähte wollen überprüft werden, im Reaktordruckbehälter können im Lauf der Zeit durch die fortgesetzte Neutronenstrahlung sogenannte Sprödbrüche auftreten, und dann sorgt anhaltende Dürre für niedrige Pegelstände in den Flüssen wie im letzten Sommer, sodass es eng wird beim Kühlwasser. Nichtsdestotrotz sollen die AKW in Frankreich unter Auflagen bis zu 50 Jahre laufen dürfen. Es sind sogar Laufzeitverlängerungen auf 60 oder 80 Jahre im Gespräch.

Und die Klimakrise? Gerade hat der Weltklimarat uns wieder mal die Leviten gelesen. Müssen wir nicht nach jedem noch so kleinen Strohhalm greifen, und wenn er radioaktiv strahlt, um wenigstens noch in die Nähe einer Erderhitzung um „nur“ zwei Grad zu gelangen? Wenn wir mal Uranabbau und -anreicherung, Brennelementfertigung, Transporte, Rückbau und Endlagerung beiseitelassen und nur den laufenden tatsächlich CO2-freien Betrieb betrachten, dann müssten, um bis 2050 elf Prozent des weltweiten Strombedarfs zu decken (das Maximum dessen, was die Internationale Atomenergiebehörde IAEA derzeit für realistisch hält), jedes Jahr rund dreimal so viele Reaktoren ans Netz gehen wie bisher.

Das würde erstens viel zu lange dauern und zweitens eine Kleinigkeit kosten. Abschreckende Beispiele: die Druckwasserreaktoren neuen Typs (EPR) im französischen Flamanville oder Hinkley Point C im britischen Somerset, die beim französischen Stromriesen EDF als Bauherren erhebliches Bauchgrimmen verursachen, Stichwort: explodierende Kosten und erodierende Zeitpläne. Wenn bei solchen Projekten nicht der Staat einspringt, also Sie und ich und wir alle, dann wird das nichts. Wir zahlen sowieso drauf, auch für etwaige Unfälle (Atomanlagen sind selbstverständlich nicht vollkaskoversichert) und natürlich für die Endlagerung. Das Geld wäre in echten Zukunftsenergien weitaus besser angelegt.

Ich bin gespannt, ob die ganze Diskussion vor dem 15. April noch mal losbricht oder ob wir das Abschaltdatum jetzt ohne solche Hintergrundgeräusche erreichen. Mit der Zeitumstellung morgen Nacht sind wir schon wieder eine Stunde näher dran. Das hoffentlich letzte Wort soll der Dichter Eugen Roth haben, der die ganze Sache viel besser zusammenfasst als ich es je könnte.

Das Böse

Ein Mensch, was noch ganz ungefährlich
Erklärt die Quanten (schwer erklärlich!)
Ein zweiter, der das All durchspäht,
erforscht die Relativität.
Ein dritter nimmt noch harmlos an,
Geheimnis stecke im Uran.
Ein vierter ist nicht fernzuhalten,
von dem Gedanken, Kern zu spalten.
Ein fünfter – reine Wissenschaft –
Entfesselt der Atome Kraft.
Ein sechster, auch noch bonafidlich,
will die verwerten, doch nur friedlich.
Unschuldig wirken sie zusammen :
Wen dürften, einzeln, wir verdammen?
Ist‘s nicht der siebte erst und achte,
Der Bomben dachte und dann machte?
Ist‘s nicht der Böseste der Bösen,
der es gewagt sie auszulösen?
Den Teufel wird man nie erwischen:
Er steckt von Anfang an dazwischen.

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P.S.: Wegen der anstehenden Produktion des nächsten Greenpeace Magazins sowie dem Karfreitag pausiert die Wochenauslese für zwei Wochen. Am 14. April sind wir wieder da!

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Redakteurin Kerstin Eitner hofft, dass es diesmal beim geplanten Abschalttermin bleibt
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Wüstenwinter

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an den letzten Hitzesommer können Sie sich sicher erinnern, aber an eine Winterdürre? Schon das Wort klingt ja so paradox wie, sagen wir, klimaneutraler Verbrennungsmotor. Während wir in diesen Tagen in der Redaktion an unserer nächsten Ausgabe zum Thema Wasser arbeiten, breitet sich in Europa eine unheimliche Trockenheit aus – es hat einfach zu wenig geregnet und geschneit. In Italien ist der Po an manchen Stellen zu einem Rinnsal geronnen, und nach San Biagio, einer kleinen Insel auf dem Gardasee, kommt man nun trockenen Fußes auch ohne Boot. In Frankreich müssen manche Gemeinden mit Wasser vom Tankwagen versorgt werden, und wer es wagt, sein Auto zu waschen oder Blumen zu gießen, muss mit Strafen rechnen – immerhin klingt der Wüstenwinter auf Französisch etwas schöner: Sécheresse hivernale.

Der Hotspot aber ist Barcelona: Dort herrschen gerade Temperaturen über dreißig Grad, Stauseen verdunsten zu Ödland, sodass die Fundamente und der Kirchturm einer überfluteten Ortschaft geisterhaft wieder auftauchen wie eine antike, versunkene Stadt. Die nach der letzten Dürre vor 15 Jahren errichteten Meerwasserentsalzungsanlagen laufen auf Volllast – trotzdem werden sie einen fortbestehenden Mangel nicht ausgleichen können. Und der heiße Mittelmeersommer steht erst noch bevor.

Das Trinkwasserschloss bröckelt

In der Wissenschaft spricht man schon vom peak water – demnach steuert der Kontinent auf einen Kipppunkt zu, nach dem die Süßwasserreserven nur noch abnehmen. Schuld ist das Abschmelzen der Alpengletscher, das „Trinkwasserschloss Europas“, das große europäische Ströme wie Donau und Rhone speist. Bis 2100 könnten zwei Drittel dieser Gletscher im Gebirge verschwunden sein, selbst wenn wir die Klimaziele einhalten.

In Deutschland wird es zwar zu dramatischen Szenarien wie in Südeuropa wohl erstmal nicht kommen. Trotzdem spricht Andreas Marx, der im Helmholtzzentrum für Umweltforschung die Daten des Dürremonitors koordiniert, von einem „totalen Wahnsinn“. Denn der Rheinpegel sank Anfang des Monats wieder seinem gruseligen August-Niveau entgegen, genau wie die Grundwasserspiegel an vielen Orten im Osten. Pünktlich dazu hat die Bundesregierung am Mittwoch ihre Nationale Wasserstrategie verabschiedet – 78 Maßnahmen, „um Mangellagen vorzubeugen“, sagte die grüne Umweltministerin Steffi Lemke bei der Vorstellung des Papiers. Die sehen vor allem einen strengeren Gewässerschutz vor, wassersensible Stadtentwicklung – Stichwort Schwammstadt – und Landwirtschaft, außerdem sollen bei Knappheit Prioritäten der Wasserverteilung gesetzt werden.

Wasser für Coca-Cola und Aldi

Hehre Ziele, nur bleibt einiges unkonkret: So stand im Ursprungsentwurf des Konzepts noch der Passus, dass nur so viel Grundwasser entnommen werden soll, wie sich neu bilden kann. Und bei einem Wassernotstand stünde nicht nur die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger ganz vorne, sondern womöglich gleichrangig die der Lebensmittelwirtschaft – und damit theoretisch auch der Bedarf von Coca-Cola oder der Fleischindustrie. Lemke selbst räumt „potenzielle Nutzungskonflikte“ ein, die ihre Strategie doch eigentlich verhindern sollte. Die Konflikte müssen die Menschen vor Ort wohl künftig selbst mit den Konzernen austragen, wenn es um das kostbare Nass geht – eindeutige Versorgungssicherheit, wie sie der Städte- und Gemeindebund fordert, ergibt sich aus der Nationalen Wasserstrategie nicht. Dazu passt dann auch, dass sich Aldi Nord, das inzwischen in Bayern selbst Grundwasser anzapft und in Plastikflaschen verkauft, kürzlich als „Grundversorger“ bezeichnete. Vielleicht müssen die Leute also bald zum Discounter, wenn aus dem Hahn nichts Trinkbares mehr kommt.

Viel wäre wohl schon getan, wenn man bei den größten Wassernutzern ansetzen würde: Denn das sind nicht die Privathaushalte, sondern Energiekonzerne. Für die Kühlung der Atom-, Kohle- und Gaskraftwerke beanspruchen sie die Hälfte des deutschen Wasserverbrauchs. Und auch die Landwirtschaft könnte mit gezielter Bewässerung, etwa durch das Tröpfchenverfahren, große Mengen einsparen. Und dann haben wir noch gar nicht über die globalen Auswirkungen unseres Wasserkonsums gesprochen: Direkt mag eine Person in Deutschland um die 120 Liter Wasser am Tag verbrauchen. Doch in die Herstellung unserer Alltagsprodukte vom Kaffee bis zum Smartphone fließen anderswo auf der Welt zum Teil tausende Liter mehr – unser Wasserfussabdruck.

Klimaschutz ist Wasserschutz

Pläne wie die Nationale Wasserstrategie sollen das Land darauf vorbereiten, sich an die Folgen der Klimakrise anzupassen. Wie gut das gelingt, hängt vor allem vom weiteren Ausmaß der Erderhitzung ab – und das können wir jetzt noch aktiv begrenzen. Wer sich also noch immer gegen ein Tempolimit, gegen das Ende des Verbrennungsmotors (immerhin erst ab 2035!) und gegen den Einbau klimafreundlicher Wärmepumpen statt fossiler Gasheizungen stemmt, nimmt heute schon existenzielle Verteilungskämpfe in der Zukunft in Kauf. Klimaschutz ist also auch Wasserschutz, beides braucht rasches Handeln und einen Plan – darauf ein stilles Sebstgezapftes aus dem Hahn!

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

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Ganz weit draußen

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anderthalb Jahrzehnte sind verstrichen, bis sich die UN-Mitgliedsstaaten am 4. März um 22 Uhr New Yorker Ortszeit endlich darauf einigten, die Hohe See besser zu schützen, die Meere außerhalb der nationalen 200-Seemeilen-Hoheitszonen. Nach einem rund 40-stündigen Sitzungsmarathon wurde der endgültige Abschlusstext des Abkommens über „Biodiversität jenseits nationaler Gesetzgebung“ (BBNJ) zwar noch nicht veröffentlicht, aber die Bestätigung zu einem späteren Zeitpunkt ist laut Sitzungsleitung nur noch eine Formsache.

Bei Umweltschutzorganisationen, Meeresforschern und Ministerinnen brach Jubel aus. Was Wunder, schließlich geht es um den größten zusammenhängenden Lebensraum auf unserem Planeten. Das Verhandlungsergebnis sei ein „historischer Erfolg für unsere Meere“, sagte Till Seidensticker, Meeresexperte von Greenpeace; ähnlich formulierte es auch Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Und für Karoline Schacht vom WWF steht der „New York-Moment“ für die Meere auf gleicher Stufe mit dem „Paris-Moment“ für den Klimaschutz.

Es ist in der Tat ein großer Schritt auf dem Weg zur Erreichung des Ziels, das die Weltnaturkonferenz im Dezember 2022 in Montreal vereinbart hat. Bis 2030 sollen 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz gestellt werden – mindestens. Die Hohe See umfasst rund 60 Prozent der Weltmeere und gehört: niemandem. Beziehungsweise allen. Für viele ein Freibrief, um sie nach Belieben zu nutzen, besser gesagt auszuplündern. Dem will die Staatengemeinschaft jetzt einen Riegel vorschieben.

Höchste Zeit, denn laut Weltnaturschutzorganisation IUCN sind fast zehn Prozent aller Lebewesen in den Ozeanen vom Aussterben bedroht. Gut ein Drittel aller Fischbestände gilt als überfischt, hinzu kommt die Verschmutzung, etwa durch Dünger, Plastikmüll oder auch Lärm. So geht das nicht weiter, denn: „Wir brauchen die Ozeane als Verbündete zur Bekämpfung der Klima- und Biodiversitätskrisen“, sagt Sebastian Unger, Meeresbeauftragter der Bundesregierung und in New York Leiter der deutschen Delegation. Über die Hälfte des Sauerstoffs auf der Erde stammt aus den Meeren, die überdies freundlicherweise jedes Jahr rund 30 Prozent des vom Menschen erzeugten Kohlendioxids aufnehmen und so den Treibhauseffekt abmildern.

Dabei haben sie selbst mit diesem zu kämpfen. So wird es vielen Fischen bereits zu warm, sie flüchten auf der Suche nach neuen Lebensräumen in kühlere Gefilde, vor allem aus den tropischen Gewässern, aber auch aus Nord- und Ostsee. „Das Meer ist weit, das Meer ist blau/Im Wasser schwimmt ein Kabeljau“, reimte einst der Komiker Heinz Erhardt. Besagten Kabeljau und viele seiner Artgenossen zieht es in den kühleren Nordatlantik, mit potenziellen Folgen für das ökologische Gleichgewicht.

Bei aller Freude über das BBNJ-Abkommen steht fest, dass es noch ein Stück Arbeit sein wird, es mit Leben zu füllen. Immerhin: Für die Ausweisung der Schutzgebiete reicht eine Zweidrittelmehrheit, es gibt also kein Vetorecht (wie es etwa Russland und China gern gehabt hätten).

Aber wo genau sollen diese Gebiete liegen, wo die „blauen Korridore“ verlaufen, die den Walen ungestörtes Wandern ermöglichen sollen? Wie könnten die Umweltverträglichkeitsprüfungen aussehen, die für menschliche Aktivitäten außerhalb der geschützten Zonen vorgesehen sind? Was wird aus den Rohstoffen in der Tiefsee? Wie werden Gewinne aus marinen genetischen Ressourcen aufgeteilt? Wer zahlt? Und, sehr wichtig: Wie soll die Einhaltung der Schutzmaßnahmen kontrolliert werden? Aber bestimmt sind die Sektgläser bereits weggeräumt, die Ärmel hochgekrempelt, Köpfe und Computer eingeschaltet.

Wenn Sie jetzt Lust auf Meer bekommen haben: Davon gibt es reichlich im Greenpeace Magazin, und zwar in Heft 6.22 – über seine Schönheiten und Bedrohungen, mit viel Wissenswertem und Tipps zum Aktivwerden. Und in der allerneuesten Ausgabe (GPM 2.23) können Sie eine Reportage über Tiefseebergbau lesen.

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Von Vögeln und Tiefseetieren

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in unserem Hamburger Hinterhof zwitschert seit Tagen immer wieder irgendein Piepmatz. Schon ein paar Mal war ich mit dem Fernglas draußen und habe den großen Baum im Nachbargarten abgesucht, konnte den unbekannten Sänger aber nicht entdecken. Stattdessen habe ich in den weit ausladenden Ästen schöne Eichelhäher gesichtet, dicke Ringeltauben, ein supersüßes Gimpelpärchen und heute morgen einen Gartenbaumläufer. Das sind flinke und gut getarnte Winzlinge, die nicht nur an Stämmen empor-, sondern auch an der Unterseite von Ästen entlanghüpfen können ohne abzustürzen. Wie machen die das?

Ich weiß nun immer noch nicht, welcher Vogel mich ins Freie gelockt hat, aber egal: Jeder morgendliche Gartenbesuch hat mir ein paar entschleunigte Minuten vor dem Loseilen ins Büro beschert. Ich habe die kalte Morgenluft eingesogen, die Weitläufigkeit der noch laubfreien Baumkrone bewundert und mich am Dasein der Tiere erfreut. Das ist es, was auch viele „Ornis“ beschreiben, die große Teile ihrer Freizeit mit der Vogelbeobachtung verbringen und sich viel besser mit ihnen auskennen als ich: Die schlichte Existenz der Vögel, einfach ihr Da-Sein und die unmittelbare Erfahrung ihres Anblicks kann glücklich machen. Für viele sind sie die schönste Nebensache der Welt.

Aber natürlich sind Vögel alles andere als nebensächlich. Nachweislich tun sie nicht nur der Seele gut, sie spielen auch eine zentrale Rolle in beinahe allen Ökosystemen und sind überdies wichtige „Zeigerarten“: Ihre An- oder Abwesenheit verrät viel über den Gesundheitszustand und die Funktionsfähigkeit unserer Umwelt. In Deutschland schrumpfen vor allem die Populationen der Feld- und Wiesenvögel dramatisch, weil die einst vielfältige Agrarlandschaft zur weitgehend tierfreien Agrarsteppe geworden ist. Hier ist, ganz im Sinne der in Montreal beschlossenen Ziele zum Schutz der Biodiversität, eine radikale Kehrtwende nötig, um den Artenschwund aufzuhalten.

Im neuen Greenpeace Magazin, das in diesen Tagen in Briefkästen und Bahnhofskioske flattert, erfahren Sie auf fünfzig diesmal besonders bunt geratenen Seiten, wie es um die Vögel Deutschlands und der Welt steht. Wir begleiten in einer Reportage zwei enthusiastische Vogelbeobachtungteams beim alljährlichen „Birdrace“. Wir berichten von zauberhaften Rosalöfflern in Florida und von skrupellosen Singvogelwilderern in Italien. Wir nähern uns den Stadttauben an und analysieren die globale Lage der Vögel in Zeiten von Urwaldabholzung und Erderhitzung. Dazu gibt es Porträts von fünf deutschen Schicksalsvögeln – lassen Sie sich überraschen!

Auf den weiteren Seiten unserer aktuellen Ausgabe berichtet unser Reporter Issio Ehrich über Umweltbewegungen in der Türkei, wo nach aktuellem Stand trotz der Erdbebenkatastrophe im Mai ein neuer Präsident gewählt werden soll. Wissenschaftsjournalist Tim Kalvelage war für uns an Bord der „Sonne“ im tropischen Pazifik unterwegs, wo Forschende die drohenden ökologischen Folgen des des geplanten Tiefseebergbaus untersuchen. Lesen Sie ihre beiden spannenden Reportagen – und außerdem viel Wissenswertes über die Selbstversorgung mit Gemüse, über Humus als relevanten Rohstoff, über schlaue Wildschweine im Bayerischen Wald und über überdimensionierte Erdgasterminals an deutschen Küsten, die, würden sie alle wie geplant gebaut, Deutschlands Beitrag zum Erreichen des Pariser Klimaziels akut gefährden.

Am heutigen Friday for Future waren bundesweit Zehntausende gegen solchen Wahnsinn auf der Straße – ein guter Einstieg ins Wochenende, das die Abonnentinnen und Abonnenten unter Ihnen mit einem Ausflug in die Welt der Vögel verbringen können. Allen anderen empfehle ich den Kauf der neuen Ausgabe in unserem Warenhaus oder am Bahnhofskiosk!

Herzliche Grüße aus der Redaktion,

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Unser Redakteur Wolfgang Hassenstein überfliegt das neue Greenpeace Magazin
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Unter Würstchenverdacht

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am 24. Februar 2022 überfiel Russland die Ukraine. Fallschirmspringer landeten in Hostomel, einem Vorort von Kiew. Ihr Auftrag: Flughafen Hostomel einnehmen, Kiew erobern, Regierung stürzen. Es kam anders. Kein Tag ist seither vergangen, an dem wir nicht Geschichten, Reportagen und Augenzeugenberichte über die und aus der Ukraine gehört, gesehen oder gelesen haben. Und über Russland und dessen Herrscher, der sich vor den Augen der fassungslosen Deutschen vom allzeit zuverlässigen Gas- und Öllieferanten in einen Diktator mit imperialen Gelüsten und eigener Geschichtsschreibung verwandelte, der die Zeit zurückdrehen will.

Unter den amtierenden Autokraten macht Putin derzeit zweifellos am meisten von sich reden; da können andere leicht in Vergessenheit geraten, aber Studien wie zum Beispiel der Transformationsindex der Bertelsmann-Stiftung oder der Democracy Index der Economist Intelligence Unit (EIU) kommen leider zu dem Schluss, dass es auf der Welt mehr autokratische als demokratische Staaten gibt. Ja, die Demokratie ist in Gefahr, das ist keine leere Floskel.

Nicht alle sind lupenreine Diktaturen, es gibt Hybridformen, doch in den meisten dieser Länder regiert ein durch Putsch, Wahlen oder auch durch „Erbfolge“ ins Amt gelangter Machthaber, der um sich eine kleine Clique aus Jasagern versammelt hat. Er ist Oberbefehlshaber des Militärs, kontrolliert Presse und Medien, verfügt über eine willfährige Justiz, manipuliert Wahlen (falls überhaupt welche stattfinden), hat Opposition und Zivilgesellschaft weitgehend kaltgestellt und lässt Gegner verhaften, einsperren oder umbringen, selbst im Ausland. Oft muss man nicht lange suchen, bis man in seinem Dunstkreis auf Repräsentanten des Klerus stößt, ob Patriarchen, evangelikale Prediger oder Imame, die ihm treu zur Seite stehen. Manchmal bestimmen die Geistlichen auch selbst die Politik, siehe Iran.

So weit, so offensichtlich. Aber was sind das nun eigentlich für Menschen, besser gesagt: Männer? Besonders intelligent oder begabt müssen Autokraten, meint der Autor Frank Dikötter, nicht unbedingt sein, dafür eitel, machtbewusst und gerissen. Um an der Macht zu bleiben, hilft es, die engsten Vertrauten allzeit spüren lassen, dass sie jederzeit in Ungnade fallen könnten oder Schlimmeres. Und die Kunst des Lügens sollte man schon beherrschen.

Man kann ihnen nicht in den Kopf schauen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die Putins und Xis, die Kims und Assads, die Lukaschenkos und die Afewerkis, auch die Erdoğans und Orbáns im Grunde ziemliche Würstchen sind. Da können sie noch so viel dröhnende Rhetorik absondern, Judo machen, Raketentests bejubeln und Militärparaden abschreiten, in Wirklichkeit, denke ich, sind sie leicht zu verunsichern. Denn kaum hebt irgendwo jemand auch nur eine Augenbraue, fühlen sie sich gekränkt. Oder sie behaupten, ihr Gott sei beleidigt. Mitleid haben sie allenfalls mit sich selbst, Empathie ist ihnen wesensfremd. Auch Humor und Selbstironie sind nicht nachweisbar. Wehe, es tauchen satirische Zeichnungen, Gedichte, Lieder, Artikel oder Posts auf – sofort geht es den Verfasserinnen und Verfassern an den Kragen. Kunst und Kultur stehen prinzipiell unter Generalverdacht.

Es reicht im Grunde wenig, um die Herren aus der Fassung zu bringen: eine strahlend lächelnde Frau, die mit ihren Händen ein Herz formt. Eine Person, die sich allein mit einem weißen Blatt auf einen leeren Platz stellt. Eine zierliche ältere Dame mit einer Blume im Haar. Mädchen, die ohne Kopftuch in den Straßen tanzen. Ein Video, das den wahren Reichtum des angeblich so bescheiden lebenden Machthabers enthüllt. Oder ein Vergleich der Physiognomie des Staatschefs mit Pu dem Bären – dieser grundsympathischen, wenn auch etwas verfressenen Figur „von sehr geringem Verstand“ aus dem gleichnamigen Kinderbuch. Da hilft nur noch, die Verwendung des Begriffs „Pu der Bär“ zu verbieten. So wie Tibet, Dalai Lama, Homosexualität oder auch Krieg, der in Russland nur noch „militärische Spezialoperation“ heißen darf. Orwell lässt grüßen.

Alles in allem glaube ich, die Mächtigen verbringen einen großen Teil ihrer Zeit damit, sich zu fürchten, was sie natürlich nie zugeben würden. Wovor? Vor allem natürlich vor dem eigenen Volk. Denn die ganze Macht, der Pomp, die Propaganda, die Vorkoster, Leibwächter und Einflüsterer werden nichts mehr nützen, wenn die Massen die Geduld verlieren und ihrerseits keine Angst mehr haben.

Das ist geschehen und kann wieder geschehen. Und sei es nur, weil irgendwann ein Kind ausruft: „Der Kaiser hat ja gar nichts an!“

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Unsere Redakteurin Kerstin Eitner betreibt Diktatoren-Bashing, aus gegebenem Anlass
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